Corona-Schutzimpfung: Wie wirkt sie? Wie sicher ist sie? Wer sollte sich nicht impfen lassen und warum?

Die Impfkoordinatoren Bettina Lang, Leiterin des Betriebsärztlichen Dienstes der Kaiserswerther Diakonie und Dr. Gregor Zysk, Leiter der Klinikhygiene am Florence-Nightingale-Krankenhaus (FNK) beantworten Fragen zur Corona-Schutzimpfung. Bettina Lang leitet seit 2013 den Betriebsärztlichen Dienst der Kaiserswerther Diakonie. Die 52-Jährige hat in Köln und Wien Medizin studiert und ist Fachärztin für Arbeitsmedizin. Dr. Gregor Zysk leitet seit 2017 die Klinikhygiene des FNK. Der 52-Jährige hat in Göttingen und Marburg Medizin studiert und im Universitätsklinikum Düsseldorf seine Facharztausbildung auf dem Gebiet der Mikrobiologie/Infektionsepidemiologie und der Hygiene/Umweltmedizin absolviert. (Fotos: Frank Elschner)
22. Januar 2021

Düsseldorf, 22. Januar 2021. In einem Interview beantworten die Impfkoordinatoren Bettina Lang, Leiterin des Betriebsärztlichen Dienstes der Kaiserswerther Diakonie und Dr. Gregor Zysk, Leiter der Klinikhygiene am Florence-Nightingale-Krankenhaus Fragen zur Corona-Schutzimpfung. Annette Debusmann, Leiterin der Unternehmenskommunikation sprach mit ihnen über Wirkweise, Wirksamkeit und Sicherheit sowie über Nebenwirkungen und Impfausschlüsse.

Zuerst eine sehr persönliche Frage: Werden Sie sich impfen lassen?

Bettina Lang: Auf jeden Fall werde ich mich impfen lassen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die aktuell zur Verfügung stehenden Impfstoffe wirksam, sicher und gut verträglich sind.

Dr. Gregor Zysk: Auch ich werde mich impfen lassen, denn ich trage nicht nur im Beruf, sondern auch im Privatleben Verantwortung für andere Menschen. Ehrlich gesagt, freue ich mich auf eine Zeit, wenn wir wieder deutlich unbeschwerter leben können, und dazu kann die Corona-Schutzimpfung einen großen Beitrag leisten.

Wie wirkt die Corona-Schutzimpfung?

Dr. Gregor Zysk: Der Impfstoff von BioNTech/Pfizer war der erste, der in der EU und somit in Deutschland am 21. Dezember 2020 zugelassen wurde. Es ist ein sogenannter mRNA-basierter Impfstoff, mRNA steht für Messenger-Ribonukleinsäure. Die mRNA enthält den „Bauplan“ für ein Eiweiß auf der Oberfläche des Coronavirus SARS-CoV-2. Durch die Impfung gelangt dieser Bauplan über winzige Fettpartikel in die Körperzellen. Sie stellen dann für eine kurze Zeit das Corona-Protein her, dann wird der Bauplan in den Zellen abgebaut. Es entstehen also keine vollständigen Viren. Dadurch wird das Immunsystem angeregt, Abwehrstoffe gegen das fremde Protein zu bilden. Wenn die geimpfte Person später in Kontakt mit diesem Coronavirus kommt, wird dieser schnell durch das Immunsystem erkannt und gezielt bekämpft.

Bettina Lang: Wichtig zu wissen ist, dass nur ein Bestandteil des Virus gebildet wird. Damit ist die Entstehung von kompletten vermehrungsfähigen Viren ausgeschlossen. Die mRNA-Impfstoffe verändern auch nicht die DNA, das Erbgut von uns Menschen. Bei jeder durchgemachten Erkältung haben die Erkältungsviren mRNA in unsere Zellen eingebracht, um sich zu vermehren ohne unser Erbgut zu verändern. Darüber hat man jedoch noch nie nachgedacht oder berichtet. Auch der in dieser Woche zugelassene Impfstoff der Firma Moderna ist ein mRNA-Impfstoff.

Wie sicher schützt mich die Corona-Schutzimpfung? Und für welchen Zeitraum?

Dr. Gregor Zysk: In klinischen Studien an mehr als 70.000 Menschen weltweit haben sich beide Impfstoffe als überaus effektiv gezeigt: Die Wahrscheinlichkeit, sich mit dem Virus zu infizieren, war bei den COVID-19-geimpften Teilnehmern um bis zu 96% geringer als bei den Placebo-geimpften Teilnehmerinnen. Geimpfte Personen werden also mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erkranken.

Bettina Lang: Der komplette Impfschutz tritt beim BioNTech/Pfizer-Impfstoff ab dem siebten Tage bzw. 14 Tage bei dem Moderna-Impfstoff nach der zweiten Impfung ein. Wie lange er besteht, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Außerdem ist noch nicht geklärt, in welchem Maße die Transmission, also die Erregerübertragung, durch geimpfte Personen verringert oder verhindert wird. Wichtig ist, dass die zweite Impfung nach 21 Tagen durchgeführt wird. Nur dann besteht ein effektiver Schutz. Klar ist auch: Selbst wenn weitere Impfstoffe zugelassen werden, ein „Switch“ der Impfstoffe zwischen der ersten und der zweiten Impfung ist nicht empfehlenswert.

Welche Nebenwirkungen sind bekannt? Welche haben Sie davon bereits beobachtet?

Dr. Gregor Zysk: Grundsätzlich können bei der Impfung milde Nebenwirkungen wie Schmerzen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit oder leichte grippale Symptome auftreten. Das wurde in den Studien beobachtet – und das wurde uns auch aus den KWD-Pflegeeinrichtungen berichtet, in denen bereits geimpft wurde.

Es gibt bisher keine Hinweise darauf, dass die Impfung schwere Nebenwirkungen auslöst. In den Studien trat bei sehr wenigen Menschen eine Lähmung des Gesichtsnervs auf, auch wurden sehr selten allergische Reaktionen beobachtet. Ob aber diese Nebenwirkungen in kausalem Zusammenhang mit der Impfung stehen, ist unklar. Wir raten dringend zur Corona-Schutzimpfung, denn wir erleben die schweren Verläufe und gravierenden Langzeitschäden einer Covid-19-Erkrankung. Der Nutzen einer Impfung übertrifft ihre möglichen Nebenwirkungen bei weitem.

Bettina Lang: Wir haben noch keine Langzeitdaten, wir können noch nicht mit Sicherheit ausschließen, dass im weiteren Verlauf seltene Nebenwirkungen zutage treten. Aber ich persönlich halte das für sehr unwahrscheinlich, denn die Impfstoffe werden nun seit mehreren Monaten intensiv eingesetzt und aus Erfahrung weiß man, dass in der Regel die meisten, vor allem schwere Nebenwirkungen von Impfungen grundsätzlich relativ rasch beobachtet werden. Das Paul-Ehrlich-Institut hat festgestellt, dass Langzeitnebenwirkungen von Impfungen generell nicht bekannt sind.

Gerade in sozialen Netzwerken kursieren teilweise angsteinflößende bis absurde Behauptungen, wie das die mRNA-Impfstoffe zu Unfruchtbarkeit oder Krebserkrankungen führen könnten. In manchen Foren wird behauptet, dass Geimpften zusätzliche Gliedmaßen wachsen. Als Experten können wir darüber nur den Kopf schütteln und deutlich sagen: Nein, nichts davon wurde beobachtet oder ist biologisch möglich!

Wer sollte sich nicht impfen lassen und warum?

Bettina Lang: Die Impfstoffe wurden noch nicht Schwangeren oder Stillenden verabreicht und deshalb wird die Corona-Schutzimpfung für diese Frauen nicht empfohlen. Das ist absolut üblich, auch bei anderen Impfungen sind diese Personengruppen ausgeschlossen. Zusätzlich sollen Frauen im Vorfeld der ersten Impfung sowie zwei Monate nach der zweiten Impfung verhüten. Das betrifft also insbesondere Frauen, die gerade aktiv in der Familienplanung sind. Trotzdem kann es im Einzelfall unter der entsprechen  den Risikoabwägung sinnvoll sein, sich impfen zu lassen. Wir empfehlen diesen Frauen deshalb, sich intensiv beraten zu lassen.

Dr. Gregor Zysk: Die zweite Gruppe, für die die Impfung nicht empfohlen wird, sind Personen, die auf eine Impfung allergisch reagiert haben. Andere Allergien führen daher nicht zu einem Ausschluss, Heuschnupfen oder eine Stauballergie beispielsweise spielen keine Rolle. Eine allergische Reaktion kann durch einen der Hilfsstoffe ausgelöst werden, die dem Impfstoff beigefügt werden müssen, damit dieser im Körper wirken kann. Menschen, die schon einmal mit einer starken allergischen Reaktion auf eine Impfung reagiert haben, sollten sich vorab beraten lassen. Auch eine Blutgerinnungsstörung muss vor der Impfung mitgeteilt werden, da besondere Maßnahmen zu beachten sind.

Bettina Lang: Auch wer eine COVID-19-Erkrankung bereits überstanden hat, sollte erst zu einem späteren Zeitpunkt geimpft werden, da zunächst von einer bestehenden Immunität auszugehen ist

An wen kann man sich wenden, wenn man noch weitere Fragen hat?

Bettina Lang: Es gibt im Internet eine ganze Reihe von vertrauenswürdigen Seiten, wie zum Beispiel Zusammen gegen Corona | Bundesministerium für Gesundheit, RKI - Impfungen A - Z - COVID-19 und Impfen oder Paul-Ehrlich-Institut - Coronavirus und COVID-19Coronavirus und COVID-19 (pei.de), die anschaulich und gut verständlich alle wesentlichen Fakten erläutern.

 Hier finden Sie das Interview als PDF

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Annette Debusmann

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Pressesprecherin

Katharina Bauch

Katharina Bauch

Referentin Krankenhauskommunikation
Stellvertretende Pressesprecherin